Trügerische Sicherheit an den Aktienmärkten

Von Björn Heissenberger, Zürich, 24. Juli 2025

Viele Anleger verlassen sich beim Investieren auf ihr Bauchgefühl – doch gerade dieses folgt häufig der allgemeinen Marktstimmung und nicht den realen Chancen und Risiken. Die Verhaltensforschung zeigt seit Jahrzehnten: Das Gefühl von Sicherheit am Aktienmarkt tritt oft genau dann ein, wenn die Risiken am höchsten sind.

Emotionen beeinflussen unser Handeln an der Börse stärker, als wir uns eingestehen. Während unser Verstand rationale, faktenbasierte Entscheidungen treffen sollte, gerät dieser Kompass oft ins Hintertreffen – insbesondere bei starken Marktschwankungen. So fühlte sich etwa der Markt während des Trump-Zollankündigungs-Einbruchs im April sehr unsicher an. Objektiv waren viele Risiken damals jedoch bereits in den Kursen eingepreist. Üblicherweise liegen gerade in solchen Phasen oft die besten Chancen – auch wenn sich das emotional nicht so anfühlt (sehen Sie hierzu unseren Artikel Panik am Aktienmarkt: Kaufkurse liegen näher als die meisten vermuten).

Dieses Muster zeigt sich nicht nur am Gesamtmarkt, sondern besonders deutlich bei Einzelaktien, deren Kurse sich oft noch ausgeprägter zwischen Über- und Unterbewertung abwechseln.

Wie Sie Emotionen an der Börse kontrollieren

Emotionen sind an der Börse hinderlich. Um Fehler zu vermeiden, braucht es bewusstes Erkennen der eigenen psychologischen Verhaltensweisen. Wer von kurzfristigen Stimmungen gesteuert wird, trifft selten die besten Entscheidungen. Der verlässlichste Schutz: Ein rationales, faktenbasiertes Vorgehen mit klar definierten Regeln und einem konsequent umgesetzten System. So immunisieren Sie sich gegen emotionale Fehlentscheidungen und steigern langfristig Ihre Anlageergebnisse.

Eine historische Warnung: Bewertungssysteme und Renditen

Aktuell herrscht am Aktienmarkt eine ausgelassene Stimmung: Sorglosigkeit dominiert und Risiken scheinen überwunden. Diese positive Wahrnehmung spiegelt sich in hohen Bewertungskennzahlen wider.

Die Grafik von J.P. Morgan Asset Management zeigt: Je höher das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des S&P 500 beim Einstieg, desto geringer sind historisch die realen Renditen über die folgenden zehn Jahre. Derzeit ist das KGV so hoch wie kurz vor der Dotcom-Blase 2000 – eine klare Warnung, denn ähnlich hohe Bewertungen führten meist zu niedrigen oder negativen Renditen.

Wichtig: Ein hohes KGV sagt nicht, wann eine Korrektur kommt. Es signalisiert aber, dass langfristig mit mässigen bis schlechten Renditen zu rechnen ist.

Herdenverhalten erhöht Risiken

Die Bank of America Fondsmanager-Umfrage zeigt aktuell den größten und schnellsten Anstieg der Risikobereitschaft seit Beginn der Erhebung. Nach Panikreaktionen auf den Liberation-Day (Trump-Zölle vom 2. April 2025), strömen Fondsmanager nun wieder in hohem Tempo zurück in Aktien. Solche Umschwünge sind typisch und spiegeln u.a. auch emotionales Herdenverhalten wider.

Als rationaler Anleger sollten Sie bewusst anders handeln: Reduzieren Sie Risiken in Phasen von Euphorie und hohen Bewertungen, und kaufen Sie gezielt nach markantem Kursrutsch. Dieses Verhalten erfordert Disziplin, Mut und Geduld – kann aber erlernt werden.

Fazit:

Der Markt zeigt aktuell typische Symptome „trügerischer Sicherheit“. Nur wer Emotionen kontrolliert und sich an faktenbasierte Regeln hält, kann langfristig erfolgreicher sein. Nutzen Sie historische Daten und aktuelle Marktstimmungen als Orientierungsrahmen. Handeln Sie rational und vorausschauend, anstatt getriebener der Märkte zu sein.

Björn Heissenberger

Heissenberger Vermögensverwaltung AG
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