Geld anlegen nach Firmenverkauf
Strukturierte Vermögensanlage nach einem einmaligen Liquiditätsereignis (Exit)
Ein Unternehmensverkauf verändert die Vermögensstruktur radikal: Aus einem operativen Klumpenrisiko wird in kurzer Zeit ein grosses, liquides Finanzvermögen. Objektiv ist das meist ein Sicherheitsgewinn – psychologisch und praktisch ist es für viele Unternehmer aber die riskanteste Phase: weil neue Entscheidungen anstehen, weil Banken plötzlich „Lösungen“ anbieten, und weil Börsenkurse die Unsicherheit sichtbar machen.
Der entscheidende Punkt ist nicht, ob man investiert, sondern in welcher Reihenfolge, mit welcher Architektur und mit welchen Regeln. Fehler in den ersten 12–24 Monaten sind bei hohen Beträgen besonders teuer – und später nur schwer aufzuholen.
Ziel dieses Leitfadens: Ihnen die typischen teuren Fehler zu ersparen – insbesondere Kostenfallen, Produktkonstrukte und emotionales Fehlverhalten.
Autor:
Björn Heissenberger,
Gründer der Heissenberger Vermögensverwaltung AG (Zürich),
begleitet vermögende Anleger mit einem produktfreien Portfolio aus qualitativ hochwertigen Direktanlagen.
Seine Einschätzungen zum Finanzmarkt finden Sie regelmässig in führenden Wirtschafsmedien wie FAZ, Handelsblatt, NZZ und Finanz und Wirtschaft.
Inhalt
- Kurzüberblick: Was nach dem Exit wirklich zählt
- Das Risiko-Paradoxon: objektiv stabiler, subjektiv lauter
- Typische Fehler nach dem Exit (und warum sie so teuer sind)
- Bank-Offerte prüfen (Mini-Checkliste)
- Das 3-Säulen-Modell: Vermögen nach Funktion strukturieren
- Umsetzung: Roadmap 0–24 Monate nach dem Exit
- Praxisbeispiel (anonymisiert)
- Wann ein unabhängiger Vermögensverwalter sinnvoll ist
- FAQ
1) Kurzüberblick: Was nach dem Exit wirklich zählt
Kurzantwort (für alle, die nur 30 Sekunden haben):
Nach einem Unternehmensverkauf ist nicht die „beste Anlage“ entscheidend, sondern die Reihenfolge:
(1) Sicherheitslinie definieren, (2) Gestaltungsvermögen abgrenzen, (3) Wachstumsvermögen über 12–24 Monate in Tranchen in ein verständliches Qualitätsportfolio aufbauen – mit schriftlichen Regeln.
Drei Prinzipien, die in der Praxis den Unterschied machen:
- Struktur vor Umsetzung: Erst Sicherheitslinie, Gestaltungsvermögen und Wachstumsvermögen definieren – danach investieren.
- Keine Komplexität als Beruhigungsmittel: „Garantie“-Produkte, Zertifikate und viele Fonds sind oft Kosten + Intransparenz im Anzug.
- Wachstumsvermögen diszipliniert aufbauen: gestaffelt (typisch 12–24 Monate), nachvollziehbar, mit klaren Bandbreiten und Rebalancing-Regeln.
Ein Portfolio aus 30 qualitativ hochwertigen Einzelaktien und Anleihen – starke Unternehmen mit strukturellem Rückenwind und solider Bilanz – fühlt sich nicht nur besser an, sondern ist verständlicher und sorgt langfristig für höhere Renditen als möglichst breit gestreute und teure Produktportfolios.
2) Das Risiko-Paradoxon: objektiv stabiler, subjektiv lauter
Vor dem Exit: hoch, aber vertraut
Solange der Grossteil des Vermögens in der eigenen Firma steckt, ist das Risiko konzentriert, aber psychologisch „steuerbar“:
- Konzentrationsrisiko: Häufig 80–100 % des Nettovermögens in einem Unternehmen.
- Illiquidität: Teilverkäufe sind Transaktionsprojekte, keine Knopfdruck-Entscheide.
- Geringe Diversifizierbarkeit: Branche, Kunden, Region, Konjunktur – viele Risiken hängen am gleichen Hebel.
Nach dem Exit: objektiv oft stabiler, subjektiv lauter
Nach dem Verkauf tritt an die Stelle des operativen Einzelrisikos ein Finanzvermögen, das sich grundsätzlich besser diversifizieren lässt. Subjektiv wirkt es oft riskanter, weil Wertschwankungen sichtbar werden: Aktien und Anleihen werden täglich neu bewertet.
Das psychologische Paradoxon:
Ein solides Portfolio aus hochwertigen Unternehmen und seriösen Schuldnern ist häufig weniger riskant als das frühere Klumpenrisiko – aber es fühlt sich riskanter an, weil die Börse das „Grundrauschen“ permanent anzeigt. Langfristig bestimmen jedoch Geschäftsmodell, Cashflow, Bilanz, Bewertung, Dividenden und Zinsen das Ergebnis – nicht die tägliche Schlagzeile.
Sehen Sie hier wie wir Risiken vorausschauend managen
3) Typische Fehler nach dem Exit (und warum sie so teuer sind)
1) Aktionismus statt Strategie
Aus dem Impuls „das Geld soll arbeiten“ werden schnelle Allokationen – ohne Zielarchitektur. Ergebnis: schlechtes Timing, falsche Bausteine oder einem Depot, das niemand wirklich versteht.
2) Die Produkt-Falle
Kapitalgarantien, strukturierte Produkte, „optimierte“ Lösungen: Sie reduzieren selten das reale Risiko proportional, häufig aber die Transparenz – und damit die Kontrolle. Dazu kommt Intransparenz: Der Preis der scheinbaren Sicherheit wird oft erst Jahre später sichtbar.
3) Schein-Diversifikation ohne Qualitätsfilter
Maximale Streuung wirkt professionell. In der Praxis ist es oft teurer Durchschnitt – inklusive hochverschuldeter, unprofitabler oder strukturell schwacher Firmen. Unternehmer würden solche Firmen operativ nie kaufen – im Depot landen sie trotzdem, wenn man „den Markt“ unkritisch übernimmt.
4) Psychologie: Aktivität wird mit Kontrolle verwechselt
Nach Jahren in der Entscheiderrolle fühlt sich Nichtstun wie Kontrollverlust an. Das führt zu Überhandeln, prozyklischem Verhalten (verkaufen im Stress, kaufen in Euphorie) und schleichender Verkürzung des Zeithorizonts.
4) Bank-Offerte prüfen (Mini-Checkliste)
Wenn Sie nur eine Sache mitnehmen: Prüfen Sie Anreize, Kosten und Komplexität.
- Gesamtkosten: All-in Fee, Depotkosten, Fonds- und Produktkosten, Transaktionskosten – sauber addiert?
- Produktinteressen: Strukturierte Produkte, hauseigene Fonds, Retrozessionen, Emissionslogik?
- Transparenz: Verstehen Sie jede Position und jeden Kostenblock – ohne Prospektstudium?
- Liquidität / Bindungen: Lock-ups, Kündigungsfristen, Rücknahmeabschläge?
- Risikologik: Risiko über Qualität/Bilanz/Bonität – oder über Volatilitätslabels und Marketing?
Daumenregel: Wenn eine Offerte diese fünf Punkte nicht sauber beantwortet, ist sie in der Regel nicht in Ihrem Interesse.
5) Das 3-Säulen-Modell: Vermögen nach Funktion strukturieren
Statt zuerst über Produkte zu sprechen, wird Vermögen nach Funktion geordnet. Das schafft Klarheit und verhindert, dass kurzfristige Marktschwankungen falsche Anreize erzwingen.
1) Sicherheitslinie (Fundament)
Zweck: Lebensstandard und Handlungsfähigkeit über Jahre sichern – unabhängig von Marktphasen.
Typische Inhalte (in absoluten Beträgen, nicht als Quote):
- mehrere Jahre Lebenshaltungskosten
- Reserven für Steuern und absehbare Verpflichtungen
- geplante grössere Zahlungen (Immobilie, Investitionen, Projekte)
Wichtig: Das ist kein „totes Kapital“. Es ist die Voraussetzung, dass Sie das Wachstumsvermögen in Krisen halten können.
2) Gestaltungsvermögen (Flexibilität)
Zweck: Kapital für Vorhaben mit optionalem Charakter:
- Immobilienprojekte, Beteiligungen, neue Unternehmungen
- Unterstützung der Familie, Nachfolge-/Schenkungsziele
- grössere Lebensprojekte
Hier zählt Flexibilität. Illiquides oder Komplexes ist nur sinnvoll, wenn es bewusst in diese Logik passt und die Risiken verstanden sind.
3) Wachstumsvermögen (Motor)
Zweck: Kaufkraft langfristig erhalten und real vermehren.
Kernlogik: Direkte Beteiligungen an Qualitätsunternehmen + passende Zinsbausteine mittels Aktien und Anleihen.
Qualitätskriterien (vereinfachte Praxislogik):
- robuste Cashflows, Preissetzungsmacht
- hohe Kapitalrenditen, saubere Reinvestitionshistorie
- klare Wettbewerbsvorteile
- solide Bilanz, niedrige Verschuldung
- disziplinierte Bewertung (keine „Story-Preise“)
Typische Portfoliogrösse: ca. 25–35 Einzeltitel (diversifiziert und gleichzeitig überprüfbar).
6) Umsetzung: Roadmap 0–24 Monate nach dem Exit
Viele machen den Fehler, sofort über „die beste Anlage“ zu diskutieren. Entscheidend ist die Reihenfolge.
Phase 1: 0–30 Tage – Inventur und Entscheidungsrahmen
- Nettoerlös nach Steuern/Verpflichtungen quantifizieren
- Ziele definieren: Lebensstandard, Projekte, Familie, Zeitachse
- Risiko in CHF/EUR denken: „Welche Verluste wären erträglich, ohne den Lebensentwurf zu gefährden?“
- Sicherheitslinie dimensionieren (Betrag, Verfügbarkeit, Laufzeiten)
Ergebnis: Ein schriftlicher Rahmen, der später in Stressphasen trägt.
Phase 2: 1–6 Monate – Sicherheitslinie operationalisieren, Strategie fixieren
- Sicherheitslinie sauber umsetzen (Liquidität, Laufzeiten, Bonitäten)
- Gestaltungsvermögen definieren (was ist geplant, was optional?)
- Anlagegrundsätze schriftlich fixieren: Qualitätskriterien, Bewertungsdisziplin, Bandbreiten, Rebalancing-Regeln
Phase 3: 6–24 Monate – Wachstumsvermögen in Tranchen aufbauen
- nicht „All-in“, sondern gestaffelt (typisch 12–24 Monate)
- Tranchen kombiniert aus Zeitplan + Bewertungszonen (nicht aus Schlagzeilen)
- Portfolio bewusst überschaubar halten, damit jede Position verstanden wird
- Review-Routine (quartalsweise): Qualität intakt? Bewertung rational? Risiken neu?
7) Praxisbeispiel (anonymisiert)
Ausgangslage: Unternehmer, 58, verkauft ein Industrieunternehmen. Nettoerlös: rund 12 Mio. EUR. Sorge: „Inflation frisst mein Lebenswerk – und an meiner Geldanlage verdienen vor allem andere“.
Struktur:
- Sicherheitslinie: so dimensioniert, dass Lebensstandard und geplante Projekte über mehrere Jahre unabhängig von Märkten gesichert sind
- Wachstumsvermögen: Aufbau über 18 Monate in Tranchen
- Portfolio: globales Qualitätsportfolio + passende Zinsbausteine, keine Produktkonstrukte.
Wirkung: Der grösste Gewinn ist nicht „mehr Rendite“, sondern bessere Entscheidungen: Ruhe in Drawdowns, weniger Aktionismus, klare Regeln.
8) Wann ein unabhängiger Vermögensverwalter sinnvoll ist
Sie können Ihr Vermögen selbst verwalten. Die Frage ist, ob das nach dem Exit die beste Nutzung Ihrer Zeit und mentalen Bandbreite ist.
Ein unabhängiger Partner ist besonders sinnvoll, wenn:
- Sie eine produktfreie Lösung wollen (keine Produkte, keine Retrozessionen)
- Qualität und Bewertung systematisch geprüft werden sollen (Bilanz, Cashflow, Kapitalrendite)
- in Krisen ein rationaler Prozess entscheidend ist, um Verhaltensfehler zu vermeiden
- mehrere Ziele gleichzeitig zu koordinieren sind (Liquidität, Familie, Projekte, Struktur)
Nächster Schritt: sachliche Standortbestimmung (15 Minuten)
Wenn Sie kürzlich verkauft haben oder kurz vor dem Exit stehen, klären wir kurz und nüchtern:
- wie hoch Ihre Sicherheitslinie sinnvollerweise sein sollte,
- welche Struktur zu Ihren Zielen passt,
- und wie ein Qualitätsportfolio diszipliniert aufgebaut wird.
Kontakt für ein unverbindliches Erstgespräch oder Ihre Fragen.
oder auch gerne per E-Mail:
heissenberger@h-vv.ch
FAQ – Häufige Fragen im Zusammenhang mit der Geldanlage nach einem Unternehmensverkauf
Mit Struktur statt Aktionismus: Sicherheitslinie, Gestaltungsvermögen und Wachstumsvermögen definieren. Danach das Wachstumsvermögen gestaffelt über 12–24 Monate in Tranchen in ein Qualitätsportfolio aufbauen – mit klaren Regeln.
Nicht in Quoten denken, sondern in Beträgen. Entscheidend ist, was in den nächsten 36 Monaten sicher verfügbar sein muss (Lebensstandard, Steuern, Projekte). Dieser Betrag bleibt defensiv und liquide; der Rest kann langfristig arbeiten.
Meist ist „sofort alles investieren“ unnötig riskant. Besser ist ein definierter Tranche-Plan (z. B. 12–24 Monate), kombiniert mit Bewertungsdisziplin. So reduzieren Sie Timing-Risiko, ohne ewig in Cash zu verharren.
ETFs sind einfach, aber nicht automatisch passend. Sie kaufen damit den ganzen Markt – inklusive Firmen, die Sie als Unternehmer operativ nie besitzen würden. Ein fokussiertes Qualitätsportfolio kann transparenter und kontrollierbarer sein, erfordert aber echte Auswahl- und Bewertungsarbeit.
Weil sie häufig teuer, intransparent und psychologisch „beruhigend“ konstruiert sind, ohne das reale Risiko proportional zu senken. Viele Mandanten erkennen den Preis der scheinbaren Sicherheit erst Jahre später.
So viele, dass Diversifikation erreicht wird – aber so wenige, dass jede Position verstanden und überprüft werden kann. In der Praxis sind 25–35 hochwertige Titel oft ein guter Rahmen.
Kontrollverlust mit Aktivität zu bekämpfen: zu viel Handeln, zu kurze Horizonte, prozyklische Entscheidungen. Ein schriftlicher Plan und eine Sicherheitslinie sind die besten Gegenmittel.
Schauen Sie auf Cashflows, Bilanz, Kapitalrenditen, Preissetzungsmacht und Reinvestitionsfähigkeit – und ob die Bewertung rational ist. „Qualität“ ist kein Label, sondern messbar.
Beides zählt. Nach dem Exit entscheidet die Struktur (Sicherheitslinie/Gestaltung/Wachstum) oft über die Durchhaltefähigkeit. Innerhalb des Wachstumsvermögens entscheidet dann die Qualität und Bewertung der Titel über das Ergebnis.
Nein. Seriöse Arbeit bedeutet nicht „keine Schwankungen“, sondern bessere Risikostruktur, weniger Fehlentscheidungen und höhere Wahrscheinlichkeit, dass das Vermögen real erhalten und vermehrt wird.