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Inflation

Am 30. November 2021 gestand Jerome Powell (Vorsitzender der US Notenbank) bei einer Anhörung vor dem US Kongress das erste mal öffentlich ein die Inflation in den USA unterschätzt zu haben. Bis zu diesem Tag hatte Jerome Powell bzw. die US Notenbank stets betont, dass die Inflation „just transitory“, also nur vorübergehender Natur sei.

Jerome Powell hat mit seinen jüngsten Aussagen eine 180 grad Wende vollzogen:

Inflation stelle nun ein grosses Risiko für den Wirtschaftsaufschwung dar und diese müsse deshalb bekämpft werden. Man sehe Lohndruck und Preiserhöhungen auf breiter Front. Die Inflation sei höher als erwartet und wird länger anhalten als man dies ursprünglich vermutet habe.

Als erstes beginne die FED damit, wie bereits vor einigen Wochen angekündigt, die Anleihekäufe jeden Monat zu reduzieren bis sie Mitte des nächsten Jahres keine Anleihen mehr kaufen werde. Das sogenannte Quantitative Easing wäre somit Mitte des nächsten Jahres beendet.

Neu ist seit seinen jüngsten Äusserungen jedoch, dass die FED bereits in diesem Monat (Dezember) darüber diskutieren wird, ob man das zurückfahren der Anleihekäufe beschleunigen müsse, um diese bereits „einige Monate früher“ als geplant komplett einstellen zu können. Seinen Aussagen nach wird das nun stark in Betracht gezogen. Ein paar US Senatoren baten Jerome Powell während der Anhörung alle Wertpapierkäufe per sofort einzustellen und erhöhten damit den Druck auf die Zentralbank die Geldschwemme zu beenden, die so vielen US Amerikanern schaden zufüge.

„Einige Monate früher“ fertig sein zu wollen würde eine Verdoppelung der Geschwindigkeit im zurückfahren der Anleihekäufe bedeuten. Man möchte Spielraum schaffen die Zinsen früher anheben zu können als ursprünglich geplant.

Nun befindet sich die FED hinter der Kurve und muss deshalb umso stärker und schneller reagieren. Dies hätte sie auch einfacher haben können, hätte sie sich nicht so lange geweigert der Realität ins Auge zu sehen. Kostendruck, Lohndruck und Preiserhöhungen sind schon seit einigen Quartalen zu sehen. Die meisten Unternehmen sprechen bereits seit mehreren Quartalen hiervon und geben auch aktuell an ihre Preise weiter anheben zu müssen. Dies hat nun auch die FED eingestanden. Währenddessen managt die EZB die Inflation weiter nach dem Prinzip Hoffnung und möchte aktuell auch noch weiterhin Geld in die Märkte pumpen. Wann wird die EZB einlenken müssen?

Was bedeutet dies für die Märkte? 

Bereits einige Tage vor Jerome Powells besagter Rede vom 30. November 21 äusserten sich mehrere Vertreter der FED dahingehend, dass man die Anleihekäufe schneller als geplant zurückfahren müsse. Der Markt reagierte nicht hierauf, sprich die Aktienkurse blieben stabil.

Als sich wenige Tage später dann auch J. Powell in erwähnter Rede hierzu äusserte, fielen die Märkte. Sie wurden von seiner 180 grad Wende etwas überrascht. Er war auch tatsächlich wie ausgewechselt und es war erstaunlich ihn so verändert zu sehen, nachdem die Inflation über viele Monate hinweg klein geredet wurde. Die FED hat nun ziemlich klar und eindeutig vor der erhöhten Inflation kapituliert und sieht es nun als Priorität an die hohe Inflation zu bekämpfen.

In den USA begannen die spekulativsten Wertpapiere im Markt bereits vor einigen Monaten stärker zu fallen und setzen diesen Abwärtstrend weiter fort. Zudem stehen nun auch Junk Bonds (Anleihen mit schwacher Bonität) seit einigen Wochen unter Druck. Dies deutet darauf hin, dass Anleger nicht mehr blind alles kaufen, sondern wählerischer werden und begonnen haben hohe Risiken zu meiden.

Sind die Zinsen lange Zeit sehr niedrig, so lassen sich durch Discounted Cash Flow Modelle alle Preise rechtfertigen. Gegenüber 0% Zinsen erscheint jede Investition gut, wenn man die Risiken ausblendet und sich ausschliesslich auf die Chancen konzentriert, was nach einem 13-jährigen Aufwärtstend am Aktienmarkt vielen nicht schwer fällt. Doch erst in den letzten zwei Jahren ist eine ausgewachsene Vermögenspreisblase hierdurch entstanden, die das meiste bisher gesehene in den Schatten stellt.

Davor warnte in jüngster Zeit ebenfalls die EZB, die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (Die Zentralbank der Zentralbanken), die Peoples Bank of China und auch die US Notenbank FED. Man erkenne eine „Irrational exuberance„, also einen irrationalen Überschwang. Diese Worte wurden das erste Mal von Alan Greenspan während der Internetblase in den 90er Jahren verwendet und stellen eine klare Warnung an Anleger dar.

Blasen können viel grösser werden und länger andauern als man sich dies Anfangs vorstellen kann. Bis irgendwann niemand mehr etwas von einer vorhandenen Blase wissen will, denn die Kurse steigen ja weiter. Also ist man besser dabei, anstatt etwas zu verpassen. 

Nun tritt die FED auf die Bremse und dies voraussichtlich stärker als bis anhin erwartet.

Was passiert nun mit den hohen Bewertungen? Wie verhalten sich die vielen Millionen von Neuanlegern in einer Abwärtsphase, die fallende Kurse bisher noch nie erlebt haben? Was machen all die Anleger, die ihre Aktienquoten in den letzten Monaten auf die höchsten je gemessen Niveaus angehoben haben? Was, wenn 0% Zinsen plötzlich doch besser erscheinen als fallende Aktienkurse?

In den vergangenen Jahren haben die Aktienmärkte bei jedem Versuch der FED die Anleihekäufe zurückzufahren, innert weniger Wochen und Monate höhere Kursverluste erlitten.

Die FED geriet hierdurch unter Druck und leitete bei Kursrückgängen in Höhe von ungefähr 15% bis 20% immer wieder eine Kehrtwende ein, sprich sie startete wieder damit Anleihen am Markt zu kaufen, um weitere Kursverluste zu verhindern.

Seit Corona betreibt die FED Anleihekäufe in einem Volumen, dass zehn mal so hoch ist als in jeder Phase zuvor. Was bedeutet es für den Markt, wenn ihm diese Liquiditätszuvor entzogen wird?

Zudem ist das heutige Bewertungsniveau weit höher und der Finanzmarkt viele Milliarden USD grösser (neue IPO’s, SPAC’s, Anleiheemissionen von Staaten und Unternehmen, höhere Bewertungen, etc.). Vieles basiert auf Spekulation und auf kreditfinanzierten Wertpapierkäufen.

Wie rechtfertigen Anleger so etwas?

Mit den in Zukunft höchsten langfristigen Gewinnwachstumsraten, die höher sein werden als jemals zuvor, weit höher als zum bisherigen Höchstpunkt während der Internetblase:

Gewinnwachstum. Langfristige Erwartungen.

Es werden derzeit noch immer mehr Call Optionen gehandelt als Aktien selbst und US Amerikaner nahmen so viel neue Kredite auf bestehende Häuser auf wie seit 2007 nicht mehr.

Volumen Optionen Börse

Ein nicht uneherheblicher Teil hiervon, um in Aktien zu investieren, wie Umfragen in den USA zeigen.

Der Dax steht inzwischen tiefer als noch vor sechs Monaten, als die Angst etwas nach oben zu verpassen gerade am höchsten war. Die US Märkte kommen seit circa Drei Monaten kaum noch vom Fleck. In diesem Jahr floss mehr Geld in US Aktienfonds und ETF’s als in den 20 Jahren zuvor zusammengezählt! Die Aktienquoten von US Anlegern befinden sich nach Auswertungen der Bank of America auf dem höchsten je gemessen Level. Ebenfalls etwas höher als beim letzten Rekord während der Internetblase. Wer soll nun noch kaufen, um die Kurse weiter steigen zu lassen?

Was, wenn bei weiteren Kursrückgängen viele gleichzeitig die Party verlassen wollen? Die FED liefert mit der Beendigung ihrer massiven Anleihekäufe zumindest einen starken Grund hierfür.

Ich bin mir keinesfalls sicher, dass das Ende der Fahnenstange genau jetzt erreicht ist. Dies geht so auch garnicht. Wenn man sich einer Sache wirklich sicher ist, dann ist dies am Aktienmarkt meist auch kein gutes Zeichen. Was man jedoch sagen kann ist, dass von einem hohen Bewertungsniveau aus die langfristigen Renditeaussichten schwach sind. Irgendwann fordern Anleger wieder eine höhere Risikoprämie für risikobehaftete Anlagen und dann ist der Weg nach unten, von solch einem hohen Niveau aus, weit.

Wahrscheinlichkeiten zu folgen, wenn diese logisch und nachvollziehbar sind ist m.E. der bessere Weg, anstatt unsinnige Dinge zu tun, nur weil es gerade jeder so handhabt und dies kurzfristig auch gut funktionieren kann.

Kommen Sie bei Fragen bitte jederzeit auf mich zu.

Mit besten Grüssen

Björn Heissenberger