Im Gegensatz zu den meisten Anlegern glauben wir nicht, dass die Sorglosigkeit am Aktienmarkt ewig anhalten wird. Erste Schwierigkeiten für Unternehmen zeigen sich auf der Inflationsseite: Höhere Produktionskosten durch gestiegene Rohstoffpreise und Lohnerhöhungen, Schwierigkeiten dringend benötigte Arbeitskräfte zu finden (mehr offene Stellen als Arbeitssuchende in den USA), Frachtraten, die sich innerhalb weniger Monate vervielfacht haben: Dies nagt an der Marge vieler Unternehmen. Während die FED und EZB von einer vorübergehenden Inflation sprechen, sprechen die Unternehmenslenker derzeit eine andere Sprache. Viele wollen bzw. müssen die gestiegenen Kosten an die Endverbraucher weiterreichen.

Hiess es von Seiten der Zentralbanken noch vor wenigen Monaten, dass keine Inflation über oder nahe dem Zielkorridor von 2% erkennbar sei, sollte diese jedoch eintreten, so habe man die Werkzeuge und werde entsprechend Gegensteuern. Anschliessend Gestand man seitens FED und EZB ein, dass die Inflation unterschätzt wurde, diese jedoch lediglich vorübergehender Natur sei. Vor wenigen Tagen liess Frau Schnabel von der EZB verkünden, dass Inflation gut sei und diese korrekt eingeschätzt wurde.

Einige Marktteilnehmer stellen die berechtigte Frage, warum die Fed Hypothekenpapiere im Wert von 40 Milliarden Dollar im Monat kauft, wenn die Hauspreise in die Höhe schießen und das Problem eindeutig das Angebot und nicht die Nachfrage betrifft. Was passiert, wenn die Fed gezwungen ist, die Zinsen aufgrund anhaltender Inflation zu erhöhen?

Ein nicht unerheblicher Teil des Marktes ist sehr hoch bewertet, insbesondere in den USA und in den Branchen, die seit einiger Zeit zu den Anlegerlieblingen gehören.

Laut einer Auswertung der Bank of America sind im ersten Halbjahr 2021 mehr Gelder in Aktienfonds und Aktien-ETF’s geflossen als in den 20 Jahren zuvor zusammengezählt! Ebenfalls haben kreditfinanzierte Wertpapierkäufe erheblich zugenommen. Der US-Markt ist auf Perfektion gepreist. Seit einigen Monaten werden dort mehr Call Optionen auf Aktien gekauft als die zugrundeliegenden Aktien selbst. Welches ist somit das Derivat, und welches der Basiswert?

Unterdessen finden sich Unternehmensinsider auf der Verkäuferseite. Die Pipeline mit IPOs und SPACs profitiert von einem Markt, der scheinbar bereit ist zu jedem Preis zu kaufen. Für Unternehmensverkäufer ein beinahe paradiesisches Umfeld. Kann dies zeitgleich auch für die Käufer dieser Papiere gelten?

Die Unternehmen innerhalb unserer Kundenportfolios meldeten in den vergangenen Wochen im Allgemeinen starke Zahlen. Einige meldeten sogar ihr bestes Quartal seit Bestehen und geben einen optimistischen Ausblick. Inflation bereitet vielen Unternehmen Sorgen. Unsere Portfoliounternehmen gehen jedoch davon aus, dass die gestiegenen Kosten weitergegeben werden können.

Die Portfolios liefen aufgrund der starken Erträge und der hohen Cash-Generierung der Unternehmen gut. Die Bewertungen unserer Investments sind nach wie vor niedrig, da das Umsatz- und Gewinnwachstum mit den Kurszuwächsen schritt hält.

Zwei unserer Portfoliounternehmen näherten sich jedoch ihrem fairen Wert, weshalb wir eine Position vollständig veräussert und eine weitere Position wiederholt reduziert haben:

Thrace Plastics hatten wir für unsere Kundschaft vor circa acht Monaten gekauft. Den Kursgewinn in Höhe von 115% haben wir realisiert, nachdem die Firma zwar gute Quartalszahlen meldete, nun jedoch in etwa fair bewertet erscheint.

North Media AS befindet sich seit Februar 2020 (kurz vor dem ersten Corona lockdown) in unseren Kundendepots (Kaufpreis 58.- DKK) und hat seither mehrfach ihre Prognosen angehoben. Die Aktie konnten wir damals zu einem KGV unter fünf erwerben. Der Kursgewinn liegt per heute bei ca. 110%. Nach der starken Performance der Aktie hatten wir in den letzten Wochen und Monaten immer wieder Teilgewinne um die 120.- DKK realisiert. Das KGV liegt heute bei circa zehn, die Dividendenrendite auf unseren Einstandskurs bei etwa 10%. Die Aktie erscheint zwar noch nicht teuer, jedoch finden sich derzeit Ergänzungen für unsere Kundenportfolios, die ebenfalls attraktiv erscheinen.

Da sich das Gewicht der verkauften Positionen durch Kurszuwächse mehr als verdoppelt hat, konnten wir die Verkäufe dazu nutzen eine höhere Anzahl neuer Positionen mit der ursprünglichen Gewichtung der alten Titel einzugehen.

Gekauft hatten wir in den vergangenen Wochen unter anderem:

Unieuro SpA, ein italienischer Elektronikhändler, meldete für das Gesamtjahr ein sehr gutes Ergebnis, das fast 10 % über dem Niveau von vor der Pandemie liegt.

UniEuro hat seinen Umsatz in Höhe von EUR 1,2 Milliarden in 2015 auf heute über EUR 2,8 Milliarden mehr als verdoppelt. Der Gewinn stieg im selben Zeitraum von EUR 3.- Millionen auf über EUR 50.- Millionen. Das Unternehmen rechnet damit, seinen Umsatz in den kommenden Jahren um 5% bis 6% pro Jahr steigern zu können. Die hälfte seines Gewinns schüttet das Unternehmen als Dividende aus. Die Dividendenrendite liegt derzeit bei etwa 6%.

Der Markt für Unterhaltungselektronik in Italien ist stark gesplittet. Es gibt viele kleinere Unternehmen in diesem Bereich. UniEuro nutzt seine hohen freien Cash Flows, um Konkurrenten in guten Standorten aufzukaufen.

Bis vor kurzem hatte das Unternehmen eine Nettoverschuldung, die sich inzwischen in eine Netto-cash-Position gewandelt hat. Der hohe Free Cash Flow des Unternehmens ist der Grund für unsere Investition. Das Unternehmen konnte zu weniger als dem 9-fachen normalisierten Jahresgewinn gekauft werden. Zudem erwarb das französische Telekommunikationsunternehmen Iliad kürzlich 12 % des Aktienkapitals der UniEuro. Iliad möchte das Wachstum von UniEuro weiter forcieren und mit seiner Beteiligung an dieser Entwicklung teilhaben. Zudem wird es spannend zu sehen, was der milliardenschwere Unternehmer hinter Iliad mit seiner Investition vor hat.

Ambra S.A. ist ein Weinproduzent und Weinhändler aus Polen, der seit Jahren stark wächst und hervorragende Kapitalkennziffern aufweist. Über die letzten zwölf Jahre steigerte das Unternehmen seine Dividende von 0.1 PLN/ Aktie auf heute 0.95 PLN/ Aktie. Die Dividendenrendite beträgt per heute 3.9%. Grösster Aktionär des Unternehmens ist die deutsche Firma Schloss Wachenheim, die ebenfalls an der Börse notiert.

Trotz des starken und anhaltenden Wachstums konnte das Unternehmen zu einem KGV von lediglich 12 gekauft werden, bzw. zum nicht einmal sechsfachen EBITDA. Das Unternehmen erwirtschaftet einen hohen Return on invested Capital und ist defensiv finanziert. Ambra investierte in den letzten Jahren stark in weitere Länder wie Tschechien und Rumänien. Diese Investitionen zahlen sich aktuell aus, da ein sehr hohes Wachstum aus diesen beiden Märkten stammt. Mit den guten Bilanzkennzahlen und dem hohen Free Cash Flow ist das Unternehmen in der Lage weiter in profitables und nachhaltiges Wachstum zu investieren.

Kitron ASA hat seinen Sitz in Norwegen und produziert so ziemlich alles, was die moderne Welt gerade benötigt:

Technische Geräte zur Elektrifizierung, Automatisierung, Infrastruktur, Recycling, Verteidigung, Medizintechnik, kabellose Übertragungen, Sensoren und Batterietechnik für Elektrofahrzeuge. Der Auftragsbestand liegt auf Rekordniveau.

Sollten sich die Erwartungen des Unternehmens erfüllen, so wird der Umsatz weiter stark wachsen: Bis 2025 auf NOK 6.- Milliarden. Derzeit liegt der Umsatz bei NOK 4.- Milliarden. Die Dividendenrendite beträgt aktuell 4%. Auf dem momentanen Kursniveau liegt die Free-Cash-Flow-Rendite bei attraktiven 7% mit steigender Tendenz. Die Bewertung ist günstig. Die Eigenkapitalquote beträgt solide 33%. Der Umsatz des Unternehmens konnte in den vergangenen fünf Jahren um 8% pro Jahr gesteigert werden, während der Gewinn um 12% pro Jahr gesteigert werden konnte.

Bitte berücksichtigen Sie, dass obiger Text keine Anlageberatung darstellt. Aktienanlagen beinhalten Risiken. Bitte lassen Sie sich vor einem allfälligen Kauf durch Ihren Finanzberater über Chancen und Risiken informieren.

Björn Heissenberger

heissenberger@h-vv.ch